1.3.1. Netzwerke
Begriffe zur Graphentheorie und zu Netzwerken
Mit Graphen ist eine umfangreiche Begrifflichkeit verknüpft, die meisten
Begriffe haben aber eine einfache Definition. Ein Graph
besteht aus einer Menge von Knoten V und
Kanten E (Beispiel: Graph A).
Knoten repräsentieren Objekte, die Namen und andere
Eigenschaften haben können, z. B. eine Umsteigestation in einer U-Bahn. Eine
Kante ist eine Verbindung zwischen zwei Knoten z. B.
die Flugverbindung zwischen Zürich und Berlin. Zwei Knoten sind benachbart
(engl. adjacent), wenn sie durch eine Kante verbunden sind. Graphen können
visualisiert werden, indem man die Knoten durch Punkte und diese durch Linien
verbindet, welche die Kanten darstellen (Graphen A–K). Dabei darf man nicht
vergessen, dass der Graph unabhängig von der Darstellung definiert ist. Die
beiden Figuren A und B stellen den gleichen Graphen dar.
Ein
Pfad von Knoten s zu Knoten e in einem Graph
ist eine Liste von benachbarten Knoten. Ein einfacher
Pfad ist ein Pfad, auf dem sich keine Knoten wiederholen. Ein
zusammenhängender Graph besitzt von jedem Knoten zu
einem anderen Knoten einen Pfad. Ein nicht zusammenhängender Graph zerfällt in
zusammenhängende Komponenten (Graph C).
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Elemente eines Graphen | zusammenhängend | nicht zusammenhängend |
Ein Zyklus ist ein einfacher Pfad, bei dem der
erste und der letzte Knoten identisch sind (Graph E). Ein Graph ohne Zyklen wird
Baum genannt (Graph K). Bäume haben eine
hierarchische Struktur und werden oft explizit so dargestellt.
Graphen, in denen alle Kanten vorhanden sind, werden
vollständige Graphen genannt (Graph F). Graphen mit
relativ wenigen Kanten bezeichnet man als licht; Graphen, bei
denen relativ wenige der möglichen Kanten fehlen, werden als
dicht bezeichnet. Gewichtete Graphen
(Graph G) sind Graphen, bei denen den Kanten Zahlenwerte (Gewichte) zugewiesen
werden, um Entfernungen (zeitlich oder geometrisch) oder Kosten darzustellen.
Dadurch werden mit dem Graphen mehr Informationen verknüpft.
Ungerichtete Graphen:
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zyklisch | vollständig | gewichtet |
In gerichteten Graphen sind Kanten „Einbahnstrassen“ (Graph H); eine Kante kann von x nach y führen, aber nicht von y nach x. Gerichtete Graphen ohne gerichtete Zyklen (gerichtete Zyklen: alle Kanten zeigen in die gleiche Richtung) werden gerichtete azyklische Graphen genannt (Graph I). Gerichtete gewichtete Graphen werden Netzwerk genannt (Graph J). Umgangssprachlich und in der Geographie wird der Begriff des Netzes oder Netzwerks (engl. network) jedoch oft für alle Arten von Graphen verwendet.
Gerichtete Graphen:
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zyklisch | azyklisch | gerichtet + gewichtet = Netzwerk |
hierarchisch |
Eine weitere einfache Darstellungsform für Graphen, die auch von einem Digitalrechner bearbeitet werden kann, ist die Adjazenzmatrix (engl. adjacency matrix). Es wird eine Matrix von der Grösse VxV definiert, wobei V die Anzahl der Knoten ist. Die Felder werden auf 1 gesetzt, wenn eine Kante zwischen den Knoten z. B. a und b existiert, und auf 0, wenn keine solche Kante vorhanden ist. Im Beispiel gehen wir davon aus, dass von jedem Knoten eine Kante zu sich selbst existiert. Ob man die Diagonale auf 1 oder auf 0 setzt, ist vom Verwendungszweck abhängig. In manchen Fällen ist es günstiger, die Diagonalen auf 0 zu setzen. Die Matrix heisst Adjazenzmatrix, weil die Struktur dieser Matrix angibt, welche Knoten benachbart sind (d. h. adjazent). Etwas Ähnliches ist mit Gewichten möglich: Dann werden anstelle des Werts 1 die Gewichte in die Felder geschrieben.
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Adjazenzmatrix | Matrix mit Gewichten |
Netzwerk-Topologie
Im Zusammenhang mit der Beschreibung und Analyse von Netzen wird oft der Begriff der Topologie (engl. topology) gebraucht. Dieser Begriff und die zugehörigen Konzepte werden im Modul „Räumliche Modellierung“ ausführlich erläutert. Die in nebenstehender Abbildung dargestellten Netze besitzen topologisch äquivalente Verbindungen, d. h. es handelt sich um topologisch äquivalente Graphen.

Für viele geographische Fragestellungen oder auch im alltäglichen Leben ist es nicht nötig, die genauen Koordinaten {xi, yi} zu kennen. Um von einem Knoten zu einem anderen Knoten in einem Netzwerk zu gelangen, ist es vor allem wichtig, die Verbindungen zwischen diesen Knoten zu kennen. Die Karte (Ausschnitt) der Londoner Untergrundbahn zum Beispiel enthält alle hilfreichen Informationen, um von einer Station i zu einer Station j zu gelangen. Diese topologische Repräsentation erlaubt uns zu sehen, wie einfach es ist, zwischen Stationen zu reisen, die nicht benachbart sind, und wo umzusteigen ist.

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