|
Trotz ihrer zentralen Stellung in Geographischen Informationssystemen sind die Verfahren der räumlichen Analyse nicht erst durch die Entwicklung der GIS-Technologie entstanden. Viele, wenn nicht die meisten Methoden der RA, wurden schon früher oder zunächst unabhängig von GIS entwickelt und erst später in den Mainstream der GIS-Technologie integriert. Durch GIS erfahren die Werkzeuge der RA aber eine sehr wesentliche Verstärkung, da eine GIS-Plattform immer auch eine Fülle weiterer Funktionen wie Datenerfassung, Datenverwaltung oder Visualisierung anbietet, die in Verbindung mit analytischen Operationen deren Wirkung und Effizienz vergrössern kann.
Die Wurzeln der räumlichen Analyse, wie man sie heute im Kontext von GIS kennt, reichen weit zurück. Der Reader von (1998) enthält eine Auswahl von frühen Artikeln, die sich mit Anwendungen der räumlichen Statistik und quantitativen Raumanalyse beschäftigen, die teilweise bis in die 1930er Jahre zurückgehen, vor allem aber auf die 1950er und 1960er Jahre konzentriert sind. Die Bewegung hin zur Verwendung statistischer und anderer quantitativer Methoden zur Analyse von räumlichen Mustern und Prozessen zeigte sich besonders ausgeprägt in denjenigen Raumwissenschaften, bei denen die Beschreibung und Erklärung eben dieser Muster und Prozesse den wissenschaftlichen Hauptgegenstand bildet. Beispiele solcher (Sub-)Disziplinen sind die Regionalforschung (regional science), die quantitative Geographie (und dort v. a. die Wirtschaftsgeographie) oder die Landschaftsökologie. In der Geographie ging diese Bewegung in Richtung quantitativer Methoden mit einem eigentlichen Paradigmenwechsel der geographischen Forschung einher und wird daher als "Quantitative Revolution" bezeichnet. Diese Entwicklung verlief besonders prononciert in den 1960er und 1970er Jahren und wird sehr schön in den Büchern von (1971) sowie (1965) und (1977) repräsentiert. In den geodätischen Wissenschaften (heute allgemein als Geomatik bekannt) lagen die Prioritäten der Forschung zu jener Zeit auf anderen Fragen als der Entwicklung von Methoden der räumlichen Analyse. Seit den 1980er Jahren jedoch zeigte sich im Zuge der Durchsetzung von GIS als integrierender Arbeitsplattform eine zunehmende Konvergenz der verwendeten Methoden der RA in den an der Entwicklung der GIS-Technologie beteiligten Wissenschaften. Dies wird beispielsweise deutlich durch das Lehrbuch von (1999) gezeigt, bei dem der Autor mit Hintergrund in der Geomatik dem Thema der Datenanalyse (und damit v. a. der RA) breiten Raum widmet.
Welche Methoden wurden denn nun in den frühen Jahren vor der Ausbreitung der GIS-Technologie entwickelt? Wie (1999) ausführt, sind dies zunächst v. a. quantitative (statistische) Methoden der Charakterisierung und Analyse von:
Zunächst dominierte v. a. eine geometrische Sichtweise, die stark auf die Analyse der Muster von Punktverteilungen (point pattern analysis) sowie Massen zur Charakterisierung von Netzwerken konzentriert war. Später wurde bei der Entwicklung von Methoden mehr Gewicht gelegt auf die Analyse von inhärenten Eigenschaften des geographischen Raumes (z. B. relative Distanzbeziehungen zwischen Raumobjekten), Prozesse der räumlicher Präferenz (z. B. bei der Platzierung von Angebotszentren wie Shopping-Centers) sowie auf die Analyse der räumlichen Interaktion (z. B. zwischen ökonomischen Zentren in der Wirtschaftsgeographie). Im Zuge dieser Entwicklung wurden auch vermehrt Methoden der multivariaten Statistik auf die Bedürfnisse der Raumwissenschaften angepasst. Beispiele solcher statistischer Verfahren umfassen die:
Das Problem bei der Verwendung solcher Methoden, von denen die meisten ausserhalb der Raumwissenschaften entwickelt wurden, war die weitgehende Missachtung spezieller Charakteristika räumlicher Variablen, insbesondere Probleme der räumlichen Heterogenität und räumlichen Abhängigkeit von im geographischen Raum verteilten Messwerten. Als Konsequenz davon wurden ab Ende der 1960er Jahre spezielle Methoden der Geostatistik entwickelt, die besser auf die Anforderungen räumlicher Variablen angepasst sind.
Ab Ende der 1970er Jahre fanden im Zuge der Entwicklung umfassender GIS-Plattformen zunächst geometrisch orientierte Operationen der räumlichen Analyse (z. B. räumliche Abfragen, Punktmusteranalyse, Polygon Overlay, Distanz-Pufferung usw.) und später auch Verfahren der Geostatistik Aufnahme in GIS. Heute umfassen typische kommerzielle GIS eine breite Palette von Funktionen sowohl der geometrischen als auch der geostatistischen räumlichen Analyse. Der grosse Vorteil einer Einbettung von Analysefunktionen in GIS liegt in der direkten Verbindung mit Werkzeugen der räumlichen Datenerfassung, Datenmodellierung, Datenverwaltung und Visualisierung. Damit kann der gesamte Zyklus der Prozessierung räumlicher Daten abgedeckt werden, womit komplexe Fragen wirkungsvoller beantwortet werden können, wie die Abbildung zeigt.